Grafikkarte mit TTL-Schaltkreisen

Angefangen habe ich 1983 mit der Entwicklung einer Grafikkarte, welche als Bildschirmausgabe des Z80-PC dienen sollte. Da Computermonitore noch nicht existent, musste ich auf TV-Ausgabe orientieren. Als wichtige Anforderung stand volle Videotextkompatibiliät, Hintergründe dafür erläutere ich einmal an anderer Stelle. Farbunterstützung wurde von Anfang an implementiert, auch wenn viele Jahre die als Monitor benutzten s/w-Fernseher die Farben nur als Grauwerte anzeigen konnten.

Videotextnorm bedeutete:

  • 40 Zeichen je Zeile, 24 Zeilen; also 960 Buchstaben gleichzeitig.
  • Jeder Zeichenplatz kann wahlweise einen Buchstaben oder eine Blockgrafik aus 6 Kästchen darstellen.
  • Es kann pro Zeichenplatz Hintergrund/Vordergrund eine von 7 Farben zugewiesen werden.
  • Es kann hardwaremäßig auf doppelte Zeilenhöhe umgeschaltet werden.
  • Es gab pro Zeichen Attribute wie Blinken welche auch hardwaremäßig realisiert wurden.

Hier ein Teil eines ersten Entwurfs zur Entwicklung der Größenverhältnisse von Objekten, Zeilen und Spalten.

Wie gut zu sehen, beim zeichnen des "e" fiel mir auf, dass auch kleine Buchstaben 5 Pixel hoch sein mussten, somit wurde im Zeichensatz dann später das "p" entsprechend höher als hier dargestellt.


Der Schaltplan ist in verschiedene Blöcke aufgeteilt. Durch die begrenzt zur Verfügung stehenden  Schaltkreispalette musste vieles mit Standard 74'er TTL-Serie gelöst werden.  Letzlich bestand die Schaltung aus 67 Schaltkreisen.

 Wie funktioniert diese Karte: der künftige Rechner kann in in den Zeichenspeicher von 1 Kbyte Größe ( 8 Stück U202 )  wahlfrei schreiben. Jeder Speicherplatz im Videoram entspricht fest genau einer der 960 Zeichenpositionen auf dem Bildschirm. Die Taktlogik zählt alle 20ms diese 960 Speicherplätze durch und gibt zeilenweise den Code für jedes Zeichen (5bit) an den Zeichensatz-ROM ( 1 U555) . Dieser liefert dann pro Zeile die Bits des darzustellenden Zeichens, welche über ein Schieberegister in 6 Takten seriell als Bildpunkte an den TV geliefert werden. Sonderfunktionen wie Grafikblöcke, Cursor, Farbsteuerung sind per Einzelgatter realisiert. Sämtliche Takte leiten sich aus einer 6MHz-Basis ab. Alle Normen zur Fernsehbildgenerierung werden exakt eingehalten.

Der komplette handgezeichnete Schaltplan ist in dieser 7 seitigen pdf archiviert. Schaltplan (2,4 Mbyte)
Und hier der 5 seitige Signalplan (3,9 Mbyte)

 

Auch das Bitmuster für den Zeichsatz musste ich selber entwerfen, hier nur ein Beispiel, wie alle 96 Chars auf Rechenpapier entstanden. Manche Zeichen musste später noch einmal korrigiert werden, weil Bildschirm gegen Papier doch anders wirkt. Die Bitreihenfolge war beim Entwurf im Kopf zu drehen, da das zuerst auf den Schirm geschobene Bit das bit0 war.
8 bytes im ROM entsprechen genau einem Zeichen mit 5x8 bit, 3bit verwendet für Steuercodes

 Abgespeichert hier der komplette Entwurf des 12 seitigen Zeichensatz (3,3 Mbyte)

 


Die Leiterkarte entstand wie damals üblich auf Millimeterpapier mit Bleistift und Radiergummi, da ich auf 2-seitiges Layout zurückgriff, zusätzlich Buntstift. Das sah dann so aus ( kleiner Ausschnitt)

 

Parallel immer Bestückungsplan auf Pergamentpapier... Die gesamte Platine kam auf die Größe des doppelten Eurokartenformat, einer verbreiteten Standardgröße

 

An letzter Stelle stand ein Bohrplan, hierzu ist zu sagen, dass ich aussnahmsweise diese Karte nicht selber gebohrt habe, sondern das Glück hatte, im FWE-Gerätewerk industriell im Automaten bohren und durchkontaktieren lassen zu können. (Vitamin B). Platine (2,2 Mbyte)


Die fertige Karte sieht heute so aus. Trotz 2 Layer mussten noch diverse Drahtbrücken eingesetzt werden. Auch ergaben sich im Laufe der Jahre noch Änderungen, die integriert werden mussten.

 

An den Schaltkreisen sieht man die aufwändige Beschaffung: von wirklichen Museumsstücken im Keramikgehäuse, über diverse D-Typen und P-Typen bis hin zu russischen Vergleichstypen K155xx.
Platine gezeichnet am 26.10.1983 mit Skribent und Leiterkartenlack, geätzt mit EisenIIIChlorid.

 

Auf der Rückseite musste Jahre später noch ein Bustreiber eingefügt werden, weil der wachsende Computer immer mehr Devices im Datenbus aufnehmen musste.

 

 




Eine Frage bleibt, woher hatte man in der DDR die Informationen zur Kodierung des Vidotextes ? Es gab einen einzigsten Beitrag vom ZWT Dresden in der "radio fernsehen elektronik" 12/1982, in welchem u.a. diese Tabelle abgebildet war.

Hieraus lies sich viel ableiten und war der Anstoß dafür, dieses Projekt gleich in Richtung Vieotextdecoder zu orientieren.