Videotext

Zuerst ein Rückblick in die Gründe für den Fokus auf Videotext.

Es reizte mich die Herausforderung, Zugriff auf Informationen aus einem unzensiertem Medium zu bekommen, welches sonst in der DDR-Welt für die meisten unerreichbar war: Videotext.

Es mag heute kaum noch vorstellbar sein, ohne Internet, ohne freie Presse war das nur über aufwändige Antennenanlagen zu empfangende "Westfernsehen" der einzigste erreichbare Kanal für unabhängige Informationen.

In diesen Zeiten, wo das Fernsehprogramm am Nachmittag begann und um Mitternacht endete, es nur die 4 Sender ARD, ZDF, DDR1, DDR2  zu empfangen gab, war es interessant zu wissen, was wann lief. Die Programmvorschau von ARD und ZDF war eigentlich nur auf einem Weg zu beschaffen: jeden Nacht zum Sendeschluss lief die Programmvorschau für die Woche, welche tatsächlich damals sogar Leute per Hand auf Papier mitgeschrieben haben.

Das paradoxe daran war, dass ununterbrochen mit dem Fernsehsignal unzählige digitale Informationen frei Haus geliefert wurden, welche nur niemand dekodieren und verwerten konnte. Bei einem schlecht eingestellten Fernsehbild im analogem TV konnte man das "Geflimmer" am oberen Bildrand sehen, dieses war der im Fernsehbild in die vertikale Austastlücke  eingespeiste Datenstrom.

 

Meine Lösung arbeitete mit einer eigenen kleinen Platine im TV, welche das FBAS-Signal auskoppelte, mit einer Triggerstufe digitalisierte, und über ein Kabel an die Verarbeitungsplatine in den Z80-PC übertrug.

Die nächste Herausforderung war die saubere Synchronisation des einlaufenden Videotextsignals, den Daten ging nur eine kurze Sequenz mit 1/0 Wechseln vorraus, anschließend liefen die Daten ohne jede weitere Synchronisationsunterstützung mit 6.9375 Mbit/s ein. Dieses konnte ich durch einen Generator lösen, welcher durch die Impuslwechsel am Anfang in den Takt gezwungen wurde. Diese musste für die Synchronität des Restes der 15 µs Datenzeile reichen. Es gab im Videotext sogar spezielle Testseiten, mit welchen die Synchronisation unter Extrembedinungen überprüfbar war.

 

Ich habe während der Austastlücke die Daten hardwaremäßig in einen RAM-Bereich des Z80-PC geschrieben, und während des Zeitraumes der Bildanzeige ausgewertet, also 20ms für einen Zyklus. Danach kamen mit dem nächsten Halbbild die nächsten Daten.
Die Synchronisation Bit auf Byte erledigte ich Softwareseitig, indem ich per Assemblercode nach dem Synchronbyte suchte, und danach berechnete, wie die Bits auf Bytegrenzen zu verschieben waren.

Die Lösung war also eine Mischvariante aus Hard- und Softwarelösung.

Das Programm zum Videotextempfang musste von Kassette in den PC geladen werden, dann lud dieses alle Seiten in den RAM, so dass nach gewisser Zeit alle Videotextseiten abgespeichert waren und ohne Zeitverzögerung aufrufbar waren. Später implementierte ich auch alle Funktionen von TOP-Text. Die Videotexttafeln wurden nicht im TV-Bild angezeigt, sondern auf dem PC-Monitor.  Da es damals keine permamenten Speichermöglichkeiten wie Diskette oder Festplatte verfügbar waren, stand als nächste Aufgabe eine Ausgabe auf Papier.

Nachdem ich 1989 für 3000 Ostmark eine elektronische Schreibmaschine (über Beziehungen, nicht im Handel ) erstehen konnte, war es möglich, über eine eigens gebaute Druckerankopplung die Videotextseiten auszudrucken.

Die Herausforderung war, dass Videotext sehr grafiklastig gestaltet war, eine Schreibmaschine aber nur Text ausgeben konnte.
Es blieb nichts anderes übrig, als sich die Grafikelemente aus bestehenden Zeichen zusammenzusetzen.
Um sich das sich bildlich vorzustellen: um mit einem Typenraddrucker ein schwarzes Grafikkästchen zu drucken, musste ich 1  "Minuszeichen" drucken, und danach die Papierwalze einen Mikrostep bewegen, und ein erneutes Minus drucken. Dieses dann 20 Mal nacheinander, um danach die Walze zurückzudrehen, um auf die ursprüngliche Schreibposition zu kommmen. Da eine Grafikzeichen aus 6 Teilen besteht, eine sehr zeitaufwändige Angelegenheit, begleitet von einem Maschinengewehr-ähnlichem Geräusch.